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Nach der Saison ist vor der Saison – Die Internationalen (3)

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Champions League-Qualifikation – Heute: Bayern München

Große Siege werden häufig schon im Moment der bitteren Niederlage geboren. Dirk Nowitzki ließ vor wenigen Wochen nach seinem Triumph mit den Dallas Mavericks gegen Miami Heat verlauten, in den entscheidenden Momenten der Serie hätte er seine größte Motivation aus den Gedanken an die Finalniederlage gegen denselben Gegner fünf Jahre zuvor gezogen. Seinem Teampartner Jason Terry ging es nicht anders.

Bayern_Muenchen_II

© Färdder

Auch der FC Bayern München hat in seiner Vereinshistorie schon mit der kausalen Niederlage-Sieg-Kette Bekanntschaft gemacht. Der historischen Schlappe gegen Manchester United im Champions League-Finale 99/00 folgte der Sieg zwei Jahre später gegen den FC Valencia im Elfmeterschießen. Noch heute sind sich alle Beteiligten einig, dass der Gipfelsturm 2000/01 erst nach dem Tal der Tränen folgen konnte.

Bittere Niederlagen können ein Team also nachhaltig verbessern. Sie können einzelne Protagonisten an ihr Leistungslimit führen wie Nowitzki und Terry, sie können den Zusammenhalt und den Geist einer Mannschaft festigen wie bei den Bayern um die Jahrtausendwende…manchmal bleibt aber auch einfach alles, wie es ist.

Bestes Beispiel gaben die Bayern selbst, und zwar vor gar nicht allzu langer Zeit: Unter dem inzwischen entlassenen Louis van Gaal spielten die Münchener eine famose Saison 2009/2010, wurden souverän Deutscher Meister, gewannen den DFB-Pokal, und in der Champions League scheitert man erst im Finale. Dort war Inter Mailand die ausgebufftere Elf und obsiegte in einer Partie mit gefühlten 20 % Ballbesitz schließlich mit 2:0. Doch wer jetzt dachte, im Team des deutschen Rekordmeisters begänne im Moment der Niederlage eine Metamorphose, finde eine Art innerer Schwur statt, sich dann eben im folgenden Jahr die Krone Europas aufzusetzen, der sah sich spätestens in der Folgesaison getäuscht. Im Achtelfinale kam es zur Neuauflage des Finales. Im Hinspiel gewann Bayern mit 1:0 in Mailand und ließ im Rückspiel in München eine erste Halbzeit folgen, in der die Italiener förmlich an die Wand gespielt wurden. Leider vergaß man, die nötigen Tore zu erzielen, und so schied man plötzlich und fast unbemerkt nach einer kuriosen zweiten Hälfte und einer 2:3-Niederlage aus. Nichts hatte man gesehen von einer „Jetzt erst recht“-Einstellung, von einer rachsüchtigen Motivation, von einem Teamgeist, der wie ein Ruck die Mannschaft durchzuckt hätte.

Nun hat der Blick in die Vergangenheit nur bedingt Aussagekraft, wenn man eine Prognose für die Zukunft wagen möchte. Dennoch leitet sich aus der Bewertung dessen, was war, meine Einschätzung dessen ab, was sein wird.

Bayern München wird die Playoffs  zur Champions League ungefährdet überstehen. Zwar warten als potentielle Gegner keine qualitativen Leichtgewichte, aber als selbsternannter europäischer Spitzenverein muss der FC Bayern einfach den Anspruch haben, Vereine wie Benfica Lissabon, Standard Lüttich, Twente Enschede, Rubin Kasan, FC Zürich oder Udinese Calcio nach Hin- und Rückspiel klar zu besiegen. Das wird die Mannschaft um Jupp Heynckes auch problemlos schaffen, ebenso wie die Qualifikation fürs Achtelfinale. Denn der Klub-Koeffizient, der die Einteilung in die Lostöpfe für die Zusammenstellung der Champions League-Gruppen regelt, ist dank Bayerns stetiger Präsenz in Europas exklusiver Spielklasse hoch genug, um den ganz großen Konkurrenten vom Kaliber eines FC Barcelona in der Gruppenphase aus dem Weg zu gehen.

Doch nicht nur die externen Faktoren stehen günstig, sondern auch die inhärente Qualität des Münchener Kaders verspricht eine erfolgreiche Saison. Mit Manuel Neuer ließ sich der vielleicht beste Torhüter der Welt verpflichten. Er wird nicht nur der in der letzten Saison schwächelnden Abwehr neue Sicherheit verleihen, sondern das gesamte Team stabilisieren. Fraglich bleibt, ob er auch in Sachen Einstellung und Siegeswillen das Erbe eines Oliver Kahn anzutreten vermag.

Die Abwehr des Rekordmeisters gibt zum aktuellen Zeitpunkt noch Rätsel auf. Während die Außenpositionen mit Lahm und Rafinha fest vergeben sein dürften, ist noch unbekannt, wer in der Mitte verteidigen wird. Boateng und Badstuber? Van Buyten und Breno? Das größte Manko der noch im Aufbau befindlichen Abwehr wird denn auch ihre fehlende Eingespieltheit sein.

Die Außenverteidiger erfüllen in der Vorwärtsbewegung mit Sicherheit höchste internationale Ansprüche, doch in der Defensivarbeit zeigen sie mitunter Schwächen. Vor allem Philipp Lahm hat eine für seine Verhältnisse schwache Saison hinter sich. Man darf gespannt sein, wie er den Seitenwechsel von rechts nach links meistern wird.

Im  zentralen defensiven Mittelfeld ist der Rekordmeister mit Bastian Schweinsteiger und Luis Gustavo herausragend besetzt. Dennoch muss Schweinsteiger, der 2010 scheinbar den letzten Schritt auf dem Weg zum Weltklassespieler gegangen zu sein schien, unter Beweis stellen, dass er die Chefrolle übernehmen kann. Zu deutlich war der Qualitätsverlust im Spiel der Münchener nach dem Abgang von Mark van Bommel. Fraglich bleibt zudem, ob die Bank potentielle Ausfälle abfedern kann – bislang eine traditionelle Stärke des Bayern-Kaders. Tymoshchuk wird mit steigendem Alter nicht schneller und Pranjic und Kroos fühlen sich im vorderen Mittelfeld deutlich wohler als in der Defensivzentrale. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit nicht gerade gering, dass sie weiter vorne ihre Kollegen Ribéry und Robben vertreten müssen.

© cc-by-2.0

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Die Offensivabteilung, bestehend aus Müller, Robben, Ribéry und Gomez, ist in der Lage, jede Defensive durcheinander zu wirbeln. Wenn, ja…

  • wenn die verletzungsanfälligen Beine von Robben und Ribéry gesund bleiben
  • wenn Gomez auch nur annähernd an seine überragende letzte Saison anknüpfen kann
  • wenn Thomas Müller in seinem Spiel mehr Konstanz zeigt

Man sieht, die Planeten müssten in einer schier unwahrscheinlich optimalen Konstellation zueinander stehen, damit sich die Offensivkraft in ihrer ganzen Stärke entfalten kann. Leider wird das auch in der kommenden Saison nur zu selten der Fall sein. Sollte sich Mario Gomez verletzen, wird man darüber hinaus rasch registrieren, dass selbst ein Ivica Olic ein ganzes Jahr Verletzungspause nicht einfach wegsteckt und der Schritt von Liga Zwei in die Champions League nicht nur für Nils Petersen mindestens genauso groß ist, wie er sich anhört.

Der Trainer Jupp Heynckes besticht durch seine langjährige Erfahrung, auch auf höchstem Vereinsniveau. Als Coach von Real Madrid gelang ihm bereits ein Triumph in der Champions League. Schien es noch vor ein paar Jahren, als sich seine Engagements auf Schalke und in Mönchengladbach eher zum Fiasko entwickelten, als könne er guten Gewissens aufs Abstellgleis für verdiente, aber längst überflüssige Trainer geschoben werden, bewies er erst bei seinem Kurz-Intermezzo in München und dann vor allem in Leverkusen, dass er sich auch im fortgeschrittenen Alter noch einmal neu erfinden kann.

Die junge Leverkusener Mannschaft bestach durch einen wohlgeordneten, temporeichen Kombinationsfußball, dessen Erfolg nur deshalb nicht so hell erstrahlte, weil er von furiosen Dortmunder Überfliegern in den Schatten gestellt wurde. Heynckes wies jedenfalls nicht nur seine taktischen und fußball-pädagogischen Qualitäten nach, sondern wusste auch durch seinen Umgang mit den Spielern zu überzeugen. Er ließ sich von der Ballack-Comeback-Diskussion nicht aus der Ruhe bringen, widerstand dem externen Druck, ließ den Star lange schmoren und integrierte ihn danach geräuschlos ins Team. Ebenso gelang es ihm, junge Spieler zu fordern, zu fördern und behutsam aufzubauen.

Das Team der Münchener steht in Sachen Erfahrung seinem Trainer in nichts nach. Laut transfermarkt.de hat der aktuelle Kader von Bayern München 710 internationale Spiele bestritten (inkl. Qualifikationsspiele auf internationaler Ebene, ohne Länderspiele, pro Spieler kumulativ addiert; Quelle: www.transfermarkt.de), ein im Vergleich mit den bislang analysierten Mannschaften von Borussia Dortmund (229) und Bayer Leverkusen (436) sehr hoher Wert.

Fazit:

Viele Faktoren sprechen für eine erfolgreiche Champions League-Saison des FC Bayern München. Das Spielermaterial hat die Qualität der Extraklasse, das Team ist erfahren und der Trainer ist der vielzitierte „alte Fuchs“. Dennoch gibt es einige gewichtige Faktoren, die der Erfolgsprognose widersprechen: Von der noch gesuchten Abwehrformation lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, ob sie mehr einem Betonriegel oder einem Hühnerhaufen ähneln wird. Die zarten Beinchen der Stars Robben und Ribéry werden wahrscheinlich auch nächste Saison nicht verletzungsfrei bleiben. Und schließlich – und da finden die beiden losen Enden des Kreises zueinander – fehlt dem FC Bayern zu Beginn des 2010er Jahrzehnts jener besondere Mannschaftsgeist, jener unzerbrechliche Kitt, jener Teamspirit, von dem die Leute auch in Zukunft noch sprechen werden. Das Ausscheiden in der Champions League gegen Inter Mailand in der vergangenen Saison hat gezeigt, dass dem Team die metaphysische Ebene fehlt. Alle spielen guten Fußball, im Optimalfall auch erfolgreich, aber alles ist profan, irdisch, ohne das „gewisse Extra“. Doch um in der Champions League zu triumphieren, muss ein Team heller erstrahlen als die Sonne. Der FC Bayern wird hingegen nicht über das Funzeln einer 40-Watt-Glühbirne hinauskommen.

Stadion-Wurst-Prognose: Achtelfinale


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